Wachstums-Obsession

Adelheid Biesecker, Ökonomin

Wir müssen nach Wegen suchen, die sorgenden Arbeiten zu stärken – und ich spreche lieber von vorsorgenden Arbeiten, denn es geht ja auch um künftige Generationen. Es gibt eine Debatte über eine Care-Abgabe, ein Care-Einkommen, ein bedingungsloses Grundeinkommen. Diese Versuche sollten aber nicht so gestrickt sein, dass wir die Vorsorgearbeit naht­los in die kapitalistischen Märkte einführen, sondern so, dass wir die Perspektive der sorgenden Tätig­keiten ein­nehmen:

Jeder braucht Sorge, wir alle sind sorgebedürftig, jeder kann Sorge leisten. Die Politik­wissen­schaftlerin Joan Tronto spricht von einer caring democracy, von einer sorgenden Demokratie.

Adelheid Biesecker, Ökonomin

Corona zeigt ausserdem, dass der Möglichkeitsraum des politischen Handelns viel grösser ist, als wir dachten. Alles lässt sich abstellen. Und sofort atmet die Natur auf: Der Himmel wird blau, Füchse streifen durch die Städte, und seltene Vogelarten kehren zurück.

Adelheid Biesecker, Ökonomin, im Gespräch mit Paula Scheidt
Das Magazin Nr 26 | 06/2020

Die grosse Erzählung des Kapitalismus war: Wohlstand für alle durch Wachstum. Manche bemängeln, es fehle uns eine neue grosse Erzählung. Eine, die die alte ablösen kann. Ich denke aber, wir haben sie bereits: Heute so leben und wirtschaften, dass auch in Zukunft ein gutes Leben möglich ist. Noch allerdings ist es eine Sammlung von vielen Kurzgeschichten. 

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